Die Psychologie des Tarot
Geeignet ist dieses 480 Seiten schwere Buch für Leute, die sich ein bisschen mit Psychoanalyse und schon genauer mit Mythologie befasst haben. Für einen Tarot-Anfänger ist es schwierig, aber dennoch anregend.
Sallie Nichols bringt in ihrer beeindruckenden Beschäftigung mit den großen Arkana des Tarot neben Alltagsbezügen auch vielschichtige, sinnerhellende Bezüge zu gestaltender Kunst und Literatur, sowie Verweise zu Mythologie und C.G. Jungs Archetypenlehre, was beim Leser gewisse Kenntnisse meist voraussetzt.
Nichols bezieht auch Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben in ihre Arbeit an den Tarotkarten mit ein und veranschaulicht sodamit auf sehr übezeugende Weise, welch große Bedeutung der individuelle Zugang zum Tarot für das eigene Erkennen haben kann.
Als Bezugsgrundlage dient Sallie Nichols der Tarot de Marseille, eines der ältesten Tarotblätter und der einzige Tarot, zu dem kein fertiger Text mitüberliefert ist, welcher die Trümpfe in kulturspezifische Symbolik oder in bestimmte religiöse Lehren einbettet, wie das etwa bei Rider Waite oder Crowley der Fall ist. Sie bezeichnet deshalb den Tarot de Marseille als den "autentischsten" unter den Tarotblättern. Der Tarot de Marseille kommt so ihrem Anliegen einer individuellen Aufschlüsselung auf besondere Weise entgegen.
Äußerst aufschlußreich und überzeugend ist auch Nichols Kritik am Rider Waite-Tarot. Sie arbeitet heraus, wo der Rider-Waite Tarot ihres Erachtens nur Teil-Aspekte eines viel umfassenderen Archetyps bzw. seiner psychologischen Konflikthaftigkeit illustriert (z.B. Hohepriesterin, Wagen etc.)
Wer den Tarot tiefer erforschen und nicht nur fertige Bedeutungen rezitieren will, wer sich mit "Lehrbüchern" zum Tarot nicht zufrieden geben will, der sollte sich diesen Titel auf jeden Fall merken. Es lohnt sich!